Deutschlands erbärmliches Werbeagenturen-Gesüppe

Deutschlands erbärmliches Werbeagenturen-Gesüppe

Seit nahezu einem Jahr beschäftigen mich nebenberuflich von Zeit zu Zeit Werbe- und Marketingagenturen aus dem gesamten deutschsprachigen Raume – von Hamburg bis München; von Leipzig bis Köln. Und so langsam beginne ich mich ernsthaft zu fragen: Werbeagenturen deutscher Lande, was ist nur aus euch geworden?

Einst unangefochtene Inseln der Kreativität und dynamischer Innovation gleicht ihr dieser Tage erschreckend langweilig-lahmen Mühlen, besetzt von Massen selbstverliebter, überheblicher Profiteure. Eure Designer und selbst nominierten Marketingexperten bilden ein groteskes heuchlerisches Pack, welches nach erfolgter Kontaktaufnahme geradezu ausnahmslos einen mehr als bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Gegenwärtige Werbeagenturen beherrschen meines Erachtens lediglich eine Sache: Reden schwingen. Ansonsten präsentieren sie sich eher mau.

Wobei dies nicht unbedingt auf die Werbemittel und Websites besagter Agenturen zutreffen muss. Strotzen diese doch vor hohlen Marketingphrasen und gehirnerweichenden Aussagen. “Nur wir beherrschen den wahren, erfolgreichen Umgang mit Ihrer Werbung!” “Und nur wir, diese eine Agentur, können Ihnen daher in Hinsicht auf Gestaltung und Werbewirksamkeit weiterhelfen!” Bla bla bla. Welch mieses Gedöns! Agenturen brüsten sich neben gebürsteten Sätzen gerne mit namhaften Unternehmen, für die sie kreative Herausforderungen erledigen durften. Innerhalb der obligatorischen Referenzen-Kategorie der entsprechenden Agentur-Website steht dann in der sorgsam gehegten Kundenliste beispielsweise – selbstredend fett hervorgehoben – “Siemens AG“. O Wunder, was! … Dass sich jene ausgeführten, scheinbar enorm anspruchsvollen Verausgabungen auf die Gestaltung einer Toilettentürbeschriftung der nordsibirischen Kleinstfiliale in Nowosibirsk beziehen, wird freilich stetig freundlich lächelnd verschwiegen.

Neu- oder bereits akquirierte Kunden dürfen schließlich nur so viel wissen, wie zur reibungslosen Rechnungsstellung vonseiten der Werbeagentur vonnöten ist. Wohl wahr, Unwissenheit und tendenziell vorhandene Naivität der Kunden werden oftmals ohne Zaudern in bare Münze umgewandelt. Wobei sich diese beschämende Masche sowohl in ländlichen denn auch in städtischen Agenturen fest etablierte. Auftraggebern wird ferner nicht selten deutlich mehr verkauft – ach was, angedreht – als sie anfangs eigentlich planten. Verquirlt in vielseitigen, unverständlichen Pseudo-Knebelverträgen. Ihnen werden teils völlig übertriebene Preise für vom Arbeitsaufwand geradezu lächerliche Vorgänge berechnet. So können sich ein paar läppische Klicks respektive fünf Minuten herumgegoogel ob schneller Recherche in massig teure Stunden nonexistenter Arbeitszeit niederschlagen. Dies ufert in manchen Fällen gar so weit aus, dass Auftraggebern das purste, blaueste Blau vom Himmel, ja geradezu der Heilige Gral des Corporate Designs versprochen wird – ihnen aber letztlich nicht mehr als ein dezent abgeändertes Standarddesign untergejubelt wird, welches bereits in einer Vielzahl ähnlicher Kundenprojekte Verwendung fand. Doch was der Kunde nicht weiß, macht ihn nicht heiß – und generiert massig Umsatz.

Und jene Designs – ob Printerzeugnisse, Beschriftungen oder auch Webportale – stellen hierbei nicht unbedingt das Gelbe vom Ei dar. Anstatt moderne, trendige Elemente auf Basis technisch aktuellster Gestaltungsgrundlagen zu erstellen, arbeiten zu vielen Agenturen alteingesessene, kreativ verstaubte Möchtegern-Mediengestalter an Projekten. Persönlichkeiten, welche Jahr ein Jahr aus denselben Status quo erhalten. Frei nach dem Motto: Was sich einmal bewährte, kann so bleiben und darf finanziell bis zur äußersten Schmerzgrenze geschröpft werden. Es keimt gar der Gedanke, viele Designer aka Pixelschubser aka Werbefuzzies besäßen panische Angst vor Neuem. Vor unbekanntem Terrain. Vor frischem Input. Und diese Angst lähmt. Hemmt den Willen zur so notwendigen design- und marketingtechnischen Weiterentwicklung. Zum Beobachten der Trends. Und zum Mut, über den eigenen Tellerrand hinweg zu gucken. Werbeagenturen stagnieren im Laufe ihrer Existenz rabiat in ihrer Entwicklung; kreativer und geistiger Stillstand sind die Folge.

Wobei hie und da durchaus neue Elemente aufgeschnappt und in das eigene Agenturrepertoire integriert werden. Soziale Netzwerke zum Beispiel – ein digitaler Bereich, welchem sich Agenturen aufgrund der großen Beliebtheit unter Moneten versprechenden Kunden notgedrungen annehmen müssen. Sie verfügen daher häufig über ein gefühltes Prozentchen Wissen ob der Möglichkeiten und Optionen sozialer Netzwerke – verkaufen den Kunden allerdings ergreifende Reden schwingend ganze 100 Prozent. Wovon 99 Prozent garantiert heiße Luft und leere Versprechungen darstellen. Das bekannte Resultat nach absolviertem “Social Media Marketing“-Auftrag: Brachliegende Profile, enttäuschte Fans sowie Kunden und zahllos verschenktes Potenzial.

Oder – noch besser – die sagenumwobene Suchmaschinenoptimierung. Zu Zeiten, in welchen sich ein jeder des Sprechens halbwegs mächtige Möchtegern-Honk “Experte” respektive “Profi” titulieren kann, dürfen Agenturen nicht fehlen. Einmal am Rande etwas von Keywords, Ranking und Semantik – bestenfalls noch von Googles SEO-Werkzeugen – erhascht; schon präsentieren sich jene Agenturen stolz als einzig wahre Suchmaschinenexperten. Hier trifft in der Tat gefährliches Halbwissen auf blanke Geldgier. Und neben der grundlos verspielten Macht dieser mannigfaltigen Werkzeuge; ja des gesamten Berufsfeldes des Suchmaschinenoptimierers – besteht die akute Gefahr, dass dilettantische Optimierungen gnadenlos nach hinten losgehen. Der Kunde trägt den Schaden, die Agentur ist dank erwähnter Verträge fein raus – und schreibt fleißig Rechnungen.

Pfui Teufel! Zum Kotzen! Brrr! Ich persönlich habe endgültig genug von dieser stetigen Agenturgrütze in diesem Land. Von Heuchlern, Lügnern, Laberern und eingebildeten Selbstrepräsentanten. Und richte meinen Blick somit künftig verstärkt gen junge, urbane Selbstständige. Welche aus der spannenden Kombination von frecher Kreativität und spontanem Wagemut frische, überzeugende Ideen zaubern. Diese Leute bilden sich noch fort – und auf sich selber nichts ein. So muss es sein 🙂

4 Kommentare

  1. Kai_Manou

    Hallo Krony, du sprichst mir aus der Seele, genau das habe ich so auch erlebt und genau darum jetzt meinen Job in meiner Agentur gekündigt. Allerdings hast du vergessen auf die Preisabsprachen unter verschiedenen Agenturen und auch auf die Auftragsweiterleitung hinzuweisen die so oft vorkommt, ich finde, das müsste hier noch rein. Da entgehen dem Finanzamt nämlich in glaub ich jeder Agentur Steuergelder und die Kunden zahlen fast immer mehr als sie zahlen müssen.

    Reply
    • Krony

      Moinmoin Kai,

      interessanter Aspekt, den du hier ansprichst. Von dieser Art der vertraglichen sowie preislichen Absprache unter diversen Agenturen hörte ich auch bereits mehrfach – war hier bisher persönlich allerdings eher mittelbar betroffen.

      LG Krony

      Reply
  2. Ein Kommentar von einem Web-Entwickler zu Werbeagenturen

    Viel schlimmer sind die Agenturen und “Fachleute”, die das Internet nicht verstehen und durch ihr Handeln zerstören oder dazu beitragen. Auch Medienkompetenz fehlt ihnen. Fragen Sie mal so einen Heuchler, was eine Internetseite ist und wofür sie eigentlich gedacht ist.
    > Information! Genau, es geht um die Information. HTML ist im Grunde die Information, mit Struktur(Überschrift, Tabellen, Bilder, etc). Das optionale CSS verändert das Standard-Aussehen des HTML von dem verwendeten Internetbrowser. JavaScript, ursprünglich für Interaktivität gedacht, wird für das Design und KlickiBunti missbraucht. Eine informative Webseite ohne KlickiBunti kann “JEDER HTML/CSS fähiger Internetbrowser auf jedem beliebigen Gerät” darstellen. Die JavaScript-Only Webseiten laufen nur auf den neusten Webbrowsen, wenn überhaupt. Denn meistens wird dazu die Freigabe alle neuen Optionen (Standort, JavaScript, Cookies, Canvas, Audio, Flash, etc) verlangt.
    Auch der Ansatz “Mobile First” ist totaler Bullshit. “GrandPa first” heißt die Devise. Erst für alle HTML,CSS Geräte entwickeln. Darauf optional kann dann das KlickiBunti-Script geladen werden. So hat der Besucher zumindest einen Kurzen Einblick in die Information/Bullshit, was ihn ggf erwartet.

    Wir sollten einen Verein gründen, der sowas überwacht und auszeichnet: WÜV: WebseitenÜberwachungsVerein. Eine Webseite muss ein gewisses Minimum mitbringen und erfüllen, damit es zugelassen wird. Diese leeren Internetseiten mit Preloader-Grafiken würde sich sofort aus dem Suchmaschinen-Index schmeißen!

    Außer Spesen nichts gewsen – Außer Ladezeit nichts gewsen.

    Reply
    • Krony

      “The most amazing achievement of the computer software industry is its continuing cancellation of the steady and staggering gains made by the computer hardware industry.”

      — Henry Petroski

      Reply

Thread closed