Wir, Produkte.
Wir – du, ich, und die andere Type dort – was sind wir eigentlich? Geschöpfe diverser Gottheiten? Das Volk? Freie Bürger? Unabhängige Individuen? Mitnichten! Wir sind Endverbraucher. Eine billionenschwere Konsumentenfraktion; erpicht darauf, zeit unseres Lebens schnöden Mammon gen trendigen Materiellem einzutauschen. Wir sind wertvolle Werbezielgruppen. Wir lernen, arbeiten und sterben für die Sache(n). Erwerben, feiern und präsentieren voll des Stolzes, was andere erdenken. Wir jagen Tag ein Tag aus Gefühlen, Moden, Träumen, Geschmäckern und Informationen hinterher. Aufbereitet von wenigen kreativen Geistern und in für die enorm in die Breite wachsende Masse verträgliche Kleinsportionen verpackt. Wir sind träge, steuerbare finanzielle Werte. Wir sind – Produkte.
Edward Bernays, seines Zeichens erster moderner PR-Berater und Vater der Öffentlichkeitsarbeit, fasste das gegenwärtige, perfide Gefüge unserer westlichen Konsumgesellschaft bereits 1928 in der Einleitung seines Buches “Propaganda” auf einen gemeinsamen Nenner zusammen. Eine Einleitung, deren grundlegende Substanz dieser Tage aktueller denn je erscheint:
Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land.
Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand ist nur eine logische Folge der Struktur unserer Demokratie: Wenn viele Menschen möglichst reibungslos in einer Gesellschaft zusammenleben sollen, sind Steuerungsprozesse dieser Art unumgänglich.
Die unsichtbaren Herrscher kennen sich auch untereinander meist nicht mit Namen. Die Mitglieder des Schattenkabinetts regieren uns wegen ihrer angeborenen Führungsqualitäten, ihrer Fähigkeit, der Gesellschaft dringend benötigte Impulse zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (angesichts von 120 Millionen US-Bürgern) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die meisten Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen.
Edward Bernays, “Propaganda”, 1928
Foto: The Neon World of New York von dustinsapenga
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