Männergefühle: Wann ist ein Mann ein Mann?
Mir dünkt, zu deutschen Landen siechen deutlich mehr Männer mit Artikulations- denn mit Erektionsproblemen – auch wenn Milliarden penetranter Spams perfide darauf erpicht sind, uns Tag ein Tag aus das Gegenteil einzureden. Zwar beherrschen die meisten männlichen Individuen durchaus die hohe Kunst der zwischenmenschlichen Konversation – vereinzelt mutieren sie gar zu berühmt-berüchtigten, nahezu ikarusbeflügelten Rhetorikern wie Kennedy, Goebbels oder Strauß – jedoch zumeist nur dann, wenn inhaltlich zur eigenen Persönlichkeit möglichst differenzierte Gegebenheiten behandelt werden.
Es deuchtet gar, ‘s stünd geschrieben: Männer vermöchten hierzulande offen und viel zu reden – jedoch niemals, ja NIEMALS über die eigene Wenigkeit. Denn wahre Terminator-Verschnitte äußern keine Gefühle. Oder zeigen gar, o Graus, mimisch zutiefst menschliche Emotionen auf. Nein! Die Natur echter Männer verlangt, dass sie sich gleich ihrer Erektion verhalten: Hart. Standhaft. Stark. Haudegen, westmännischen Teufelskerlen gleich. Unermüdliche Zurschautragung kühlster Coolness und verborgensten Pokerfaces lautet die allgegenwärtige Devise; die schiere evolutionäre Verkörperung übermaskuliner Männlichkeit. Wohl wahr, ein “echter” Mann darf sich in unserer ach so fortschrittlichen, vorbildlichen Gesellschaft augenscheinlich keinerlei emotionale Schwäche leisten.
Doch wünschten sich erstaunlicherweise massig zumeist junge Männer in äußerst sporadisch auftretenden, ehrlichen Geisteszuständen – oftmals durch übermäßigen Alkoholkonsum hervorgerufen – häufiger ehrliche Gefühle zeigen zu dürfen. Respektive dies überhaupt zu können. Jene männlichen Individuen gäben dies nüchtern selbstredend niemals offen zu; doch innerlich glimmt heimliche die Sehnsucht, erfüllend weinen oder befreiend losschreien zu dürfen. Unsere derzeit etablierte Vorstellung viriler Männer und die damit Hand in Hand einhergehende, krankhafte “aber-was-sprächen-denn-dann-die-anderen?”-Denke widerspricht den ureigensten Wesenszügen, welche uns Menschen – Frauen UND Männer – überhaupt erst definieren: Mannigfaltige, vielschichtige Gemüte. Das stetige Verleugnen eigener Emotionen beschert unserem Land ganze Generationen seelisch verkommener, emotional in sich gekehrter Männer; ausgestattet mit perfekt einstudierten Masken steingemeißelter Glückseligkeit. Männer: Hart wie Kruppstahl. Aber auch kalt wie Selbiger. Selbst Blinden muss doch ins Auge stechen, dass diesbezüglich etwas grundlegend falsch läuft, wie zum Beispiel auch im Bau dieses Satzes, der eine merkwürdige Bandwurmigkeit angenommen hat, aber das ist ja ein ganz anderes Thema …
Und dann erst die viel zitierte Mär hinsichtlich weiblicher Geschöpfe, die ausschließlich auf sehnige Ausgaben ihrer männlichen Pedanten flögen. Sicher, verweichlichte Spaghettiflenner stellten zugegebenermaßen wahrhaftig nicht das Gelbe vom Ei dar, jedoch gilt auch hier wie in den meisten Fällen: Die richtige Mische machts! Was spräche gegen einen kühnen, starken Herold, der zugleich auch über eine angedeutete, sanfte Wesensart verfügte? Der sich traute, so zu sein, wie er nun eben einmal ist? Denn Gefühle offenbaren – also den Mut aufzubringen, seine eigene menschliche Ader mit von Stolz geschwellter Brust offen zur Schau zu tragen – zeugte doch erst von wahrer innerer Stärke, nicht wahr? Denk mal darüber nach!
Hmkay – das wars bereits? Die Moral von der Geschicht’ lautet also, dass Männer durchaus weinen dürften respektive sollten und sie erst das zu komplettierten Männern machte? Und dafür so ein Aufwand? Weshalb? Nun, dieser Artikel mag nicht die größte Erfindung seit geschmierten Butterstullen sein und seine fragliche Absicht nicht das, worauf die Welt mit angehaltenem Atem wartete. Erfahrungen mit Facebook, Twitter und Blogs zeigten jedoch, dass keine Sache unwichtig, trivial oder langweilig genug sein kann, um nicht der Welt digital mitgeteilt zu werden 😀
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