Ǜb̀͑̐̄͜e̊̓́ͣ̍ͯ̿͞r̩̝̥͔̼̺ͩͩ̐̂w̘̠̯͕̘̣͙ͥ̔͗̄a̫ͫ͌ͧ͋͐͊c̛̈́͋h̙ͧ̇ͤ̈ͨͥ́u̫ͣͨ͗ͫͣͪ́ṇ͇̰̻ͫ̉ĝ̼̘̦̫̪̹̲ͦ͜

Ǜb̀͑̐̄͜e̊̓́ͣ̍ͯ̿͞r̩̝̥͔̼̺ͩͩ̐̂w̘̠̯͕̘̣͙ͥ̔͗̄a̫ͫ͌ͧ͋͐͊c̛̈́͋h̙ͧ̇ͤ̈ͨͥ́u̫ͣͨ͗ͫͣͪ́ṇ͇̰̻ͫ̉ĝ̼̘̦̫̪̹̲ͦ͜

Willkommen im Zeitalter der Überwachung. Geheimdienste, (A)soziale Netzwerke, Unternehmen, Behörden, Versicherungen und zu nicht unerheblichen Teilen auch wir Privatpersonen, wir alle haben eines gemeinsam: Wir sammeln Daten. Bergeweise Daten. Ach was, ganze Gebirge digitaler Informationen; Kontinente virtueller Datennirvanas. Die fiebrige Sammelwut greift im nie da gewesenen Maße Land auf Land ab um sich. Sicher, manch schummrig dahin glömmender Geist vermag beflissener Miene erhobenen Zeigefingers linientreu zu monieren, es gölte dieser Tage eben jene folgende, auf politischer Bühne gerne rezitierte, ungleich naive Devise: Dass die Überwachung ein notwendiges Übel sei und unser aller Sicherheit diene. Zumal brave Bürger bekanntermaßen nicht das Mindeste zu verstecken hätten. Weil wegen 11. September und Terrorismus und fieser Islamisten und so. Dies ist freilich dermaßen kurzsichtig gedacht, dass es schon richtiggehend an Rückblicken grenzt. Indes tragen hierzulande bedauerlicherweise massig Mitmenschen, allen voran Politiker etablierten Parteien, jene Kurzsichtigkeit offen zur Schau. Wir leben auf einem Planeten von Narren; aber nun gut, hiermit konnte zumindest ich mich nach langem inneren Ringen vortrefflich arrangieren.

Allerdings kommuniziert jene verstohlene Überwachung gerade von staatlicher Seite mehr oder minder einen gewissen Generalverdacht gegenüber uns Bürgern. Nahtlose Überwachung in allen Bereichen unseres öffentlichen sowie privaten Lebens bedeutet nicht weniger, als dass uns unsere eigenen Staatsgewalten misstrauen. Sie akzeptieren uns nicht mehr länger als integrale Komponente der Gesellschaft; nope – sie tolerieren uns in diesen Aspekten lediglich. Wir gehören zwar schon dazu, aber wir sind kraft unseres freien Willens ob unseres Handelns unberechenbar. Respektive nicht mehr so ganz, aber dazu in der Folge mehr. Unser Staat geht opportun davon aus, dass wir Bürger – rein theoretisch – jederzeit einer tickenden Bombe gleich eine gravierende Gefahr für die innere Sicherheit darstellten; entsprechend trifft er eifrig Vorsorge, friedliche Stabilität und brave Mitbürger auf Teufel komm raus zu 150 Prozent zu gewährleisten. Frei nach dem Motto: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Genuss der Freiheit ist legitim, jedoch im Rahmen der teils äußerst kreativ auszulegenden Gesetze, welche dem Schutze eben jenes wertvollen Gutes dienen. Sollten. Dessenungeachtet besteht unsere Freiheit in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten. Wobei die schwammigen Auslegungen dieser Pflichten dem Gutdünken unseres Staates überlassen sind. Ob wir richtig oder falsch leben und unser derzeitiges Verhalten angemessen, andernfalls fehl am Platz ist, obliegt von Rechts wegen nicht mehr länger unserer Entscheidungsfreiheit beziehungsweise den Normen unserer Gesellschaft – denn wir sind verdächtig!

So weit, so bekannt. Doch die viel größere Gefahr resultiert meines Erachtens aus dem gerne aus den Augen gelassenem Aspekt, dass all unsere tagtäglich anfallenden Petabyte an persönlichen, kommerziellen sowie institutionellen Daten für gefühlte Ewigkeiten gespeichert werden. Jeder Chat. Jede Suche. Jeder Tweet. Jeder Beitrag in sozialen Netzwerken, Blogs und Foren. Jedes irgendwo veröffentlichte Bild. Jeder Snap. Jedes Statement. Jeder Check-in. Jedes intime Interesse. Jedes Telefonat. Jedes Formular. Jeder Einkauf. Jeder Kontakt. Jeder Urlaub. All unsere Bewegungsdaten. Unsere Profile. Die Ganzheit unserer digitalen Existenz wird gegenwärtig gespeichert; wissentlich sowie unwissentlich, Tendenz stark zunehmend. Unser digitales Streben und Handeln kann oder ist staatlichen Institutionen – nicht nur europäischen – aufgrund vorbeugender Kontrollmaßnahmen restlos bekannt und wird fein säuberlich ausgewertet; selbst wenn du in irgendeinem Web-Dienst den obligatorischen Löschen-Knopp betätigtest, gehen diese Informationen nicht verloren. Einmal im Netz, immer im Netz. Noch mal, denn das ist enorm wichtig und wird gerne bewusst ausgeblendet: Was wir einmal digital von uns gaben, existiert in der Mehrheit der Fälle für ewige Zeiten. Wusch! Das Internet vergisst nichts; und das von uns geliebte www ist nur ein kleiner Teil dessen. Telefonie, Mobilfunk, vernetzte Systeme, Rundfunk und Fernsehen, praktisch jedwede medialen Ingredienzien unseres Alltags finden dieser Tage in und um Webprotokolle herum statt. Wohl wahr, wir leben in einer Zeit, wo Verborgenheit mehr schützt als das Gesetz und sicherer macht als Unschuld. Denn unsere Mentalitäten, Ideologien, Werdegänge, Religionen, sexuellen Präferenzen, Freundeskreise, Krankheiten, Aufenthalte, Wünsche, Exzesse, Gefühle und Emotionen – all dies liegt ordentlich aufbereitet, untereinander semantisch verknüpft und fein sortiert in Datenbanken parat. Auch dank unseres eigenen laxen Umgangs mit persönlichen Daten in diesem neumodernen Internetz. Oder kurzgefasst: Unser gesamtes Wesen steht nur eine flinke Datenbankabfrage entfernt staatlichen Interessenten wie ein offenes Buch zur Verfügung. Ein Alptraum für Datenschützer, welche für den Schutz unserer Daten und der Autonomie des Individuums einen regelrechten Endkampf gegen stählerne Windmühlen ausfechten.

Der Haken jener Entwicklung: Ein radikaler Rechts- oder Linksruck in der Regierung unseres Landes oder der gesamten Europäischen Union ermöglichte aufgrund der bis dato gesammelten Daten ein konsequentes und damit unerbittliches Selektieren der Bevölkerung. Auf einen Klick wäre ersichtlich, wer einem Regime respektive einer Bewegung treu ergeben ist – und wer gegebenenfalls Probleme verursachen könnte. Die Verfassung eines Staates sollte zwar so sein, dass sie die Verfassung des Bürgers nicht ruiniert – doch Verfassungen lassen sich im Bedarfsfall Extremfall vortrefflich hebeln. Unsere Gedanken sind frei? Pustekuchen! Günstigenfalls frei zugänglich. Und selbst diese letzte autonome Bastion unserer Wesen gelangt immer weiter ins Visier staatlicher Institutionen: Einsicht und Kontrolle in unsere Gedanken rücken aufgrund des massiven technologischen Fortschritts buchstäblich in greifbare Nähe – siehe hier. Meine Generation läuft zeit ihres Lebens Gefahr, utopisch anmutende Fahndungen aufgrund bloßer Gedankenverbrechen ganz reell mitzuerleben.

Zurück zu heute: Wir sind nunmehr nicht nur gläserne Menschen, nein, wir sind geradezu supertransparent wie reine, frische Luft. Und im Gegensatz zu Zeiten des Dritten Reichs oder der Stasi in der ehemaligen DDR müsste Wissen über uns Bürger nicht erst mühsam erspitzelt oder zusammengepuzzelt werden; abgelegt in Kilometer langen Reihen hoher grauer Regale und nahezu berstender Akten. Mitnichten. Es stünde, wie bereits erwähnt, stets parat. Das Aussortieren von Menschen fiele einer Regierung, gleich welcher beliebiger ideologischer Ausrichtung, so leicht wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Du hinterfragtest wiederholt konstruktiv Werte des Bürgertums? Revoluzzer, schweige, sonst gibt’s ein volles Pfund auf’s Maul! Du bist ein Verfechter demokratischer Freiheiten? Mundtot machen; oder weg mit dir! Querdenker oder gar Kritiker bestehender Systeme waren noch nie sonderlich willkommen. Du bist andersgläubig? Oh oh, nicht gut, Abschiebung, du Ungläubiger! Du bist schwul, behindert oder leidest gar an einem genetischen Defekt? Igitt, du Untermensch; Ausschuss der Evolution. Vernichten!

Die Historie unserer Spezies, mitunter auch die Jüngere, lehrt uns, dass es durchaus noch zu unseren Lebzeiten im Rahmen des Möglichen liegt, dass eine tendenziell extremer agierende Regierung in scheinbar so gefestigten Gefilden wie den unseren an die Macht gelangt. Sei es durch Umstürze, kriegerische oder finanzielle Krisen, Revolutionen, Radikalisierungen – oder anderer Ursachen dieser Art. Und dann gnade uns Karras.

Fürwahr, werter Leser – vor jenem Szenario graut es mir in höchstem Maße.

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