Folgen der Gier: Wir werden leiden. Ein jeder von uns.

Folgen der Gier: Wir werden leiden. Ein jeder von uns.

Ursprünglich ward angedacht, im Folgenden ein, mitunter gar zwei subjektiv erdachte Zeilen ob der menschlichen Gier niederzuschreiben. Doch wie so oft vermochte ich meinem initialen Vorhaben keinen Einhalt zu gebieten – weswegen ich womöglich ein, mitunter gar zwei weitere Zeilen des Vorwortes hinzudichtete. Filterbubbleeindrücke vom Feinsten.

Sterbendes Meer, Todeszonen und Entwaldung

Meine Herren. Und meine Damen. Und alle anderen Geschlechter und mitlesenden Einhörner: Unser Mittelmeer liegt in Sterben, es ringt mit letzter Kraft gurgelnd ums bloße Überleben. Reißerische These? Nun ja, über 300.000.000 [300 Millionen] Mittelmeertouristen überschwemmen Jahr für Jahr seine Ufer – bis 2020 wird diese Zahl auf rund 500.000.000 [500 Millionen] wachsen. Einhergehend mit Betonburgen und Infrastrukturgeschwüren. 650.000.000 [650 Millionen] Tonnen Abwässer aus Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika plörren ungeklärte in seine trüben Wasser, Schiffe und Fabriken pumpen darüber hinaus weitere 129.000 Tonnen Öl, 60.000 Tonnen Quecksilber, 36.000 Tonnen Phosphat und 3.800 Tonnen Blei dazu – jährlich, wohlgemerkt. Überfischung resultiert darin, dass 65 % aller Fischbestände in der Mittelmeerregion akut vom Aussterben bedroht sind, dazu gesellt sich Dauerstress durch dichten Schiffsverkehr von 220.000 Handelsschiffen per Jahr. Nahezu unscheinbar erscheinen in diesem Kontext bislang 32 entdeckte, illegal versenkte Containerschiffe mit Gift- und Atommüll an Bord. All dies überreizt jegliche natürlichen Kapazitäten dieses Mittelländischen Meeres bei Weitem; es steht schlicht und ergreifend vor dem Kollaps und gilt hinter vorgehaltener Hand als ruiniert [siehe und hie und da und dort].

Eines haben unsere Ozeane gemeinsam: Todeszonen. Areale, deren Sauerstoffsättigung durch Umwelteinflüsse des Menschen so weit reduziert ist, dass sie für marines Leben nicht mehr ausreicht. 400 dieser “Dead Zones” mit einer geschätzten Fläche von 245.000 km² sind bekannt, das entspricht 0,6862-mal der Fläche Deutschlands, und ihre Anzahl und Größe verdoppelt sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Was bleibt, sind weitestgehend leb- und trostlose Gewässer [siehe].

Zurück aufs Land: Die grünen Lungen unseres Planeten schwinden im nie da gewesenen Maße von dannen; Tropische-, Subtropische-, Gemäßigte- als auch Tundrawälder. Die weltweiten Waldflächen schrumpfen um etwa 130.000 km² pro Jahr, das entspricht 0,3641-mal der Fläche Deutschlands. Demgegenüber stehen rasant expandierende Wüsten; fruchtbare Steppen und ertragreiche Gefilde mutieren binnen Jahren zu kargen Einöden, welche wenig Lebensraum für Tier und Mensch übrig lassen. 120.000 km² Lebensraum verlieren wir jährlich durch fortschreitende Desertifikation – 0,3361-mal die Fläche Deutschlands. Verursacht durch blinde Rodung, Überbeanspruchung und hemmungslose Wasserentnahme [siehe].

Globale Erwärmung, Eisschmelze und Wasserknappheit

Gleichzeitig tauen die Permafrostböden nörd- und südlicher Hemisphären auf und setzen hierbei enorme Mengen Methan frei; ein Treibhausgas, das 25-mal so stark wie das gefürchtete CO2 ist. Bereits die mittelfristig daraus resultierenden Folgeschäden für Mensch und Umwelt werden auf rund 60.000.000.000.000 [60 Billionen] US-Dollar geschätzt (die Kosten der gesamten Erderwärmung bis zum Jahre 2100 auf wiederum 450.000.000.000.000 [450 Billionen] bis mitunter 1.000.000.000.000.000 [1 Billiarde] US-Dollar). Kraterlandschaften entstehen, Straßen und Städte versinken, ganze Landstriche werden unbenutzbar – und die Atmosphäre heizt sich exponentiell steigend auf [siehe und hie].

Nebenher schmelzen Polkappen und Gletscher; von 1992 – 2011 verloren die Antarktis und Grönland rund 4.000.000.000.000 [4 Billionen] Tonnen ihrer eisigen Masse. Der Schwund des südlichen Arktiseises wiederum stieg von 76.000.000.000 [76 Milliarden] Tonnen im Jahre 1992 auf 219.000.000.000 [219 Milliarden] Tonnen im Jahre 2012. Konsequenz: Es klettert nicht nur der Meeresspiegel, sondern es versiegt eine der wichtigsten natürlichen Süßwasserquellen für uns Menschen. So speisen etwa die schrumpfenden Himalajagletscher die sieben größten Flüsse Asiens, welche wiederum Wasserversorgungs- und Landwirtschaftsgrundlage für bis zu 2.000.000.000 [2 Milliarden] im Einzugsgebiet lebenden Menschen gewährleisten. Auch die Regionen um die europäischen Alpen herum werden künftig verstärkt auf dem Trockenen sitzen [siehe].

Schon heute leiden 500.000.000 [500 Millionen] Menschen ganzjährig unter akuter Wasserknappheit, für sie stellt Durst einen tagtäglichen Kampf ums Überleben dar; und ganzen 3.000.000.000 [3 Milliarden] Menschen fehlt ein Zugang zu sauberem Leitungs- und Trinkwasser. Verschärft wird die Situation durch den weltumspannend ungebremst steigenden Wasserkonsum; in den nächsten 15 Jahren wird Prognosen zufolge die erdumfassende Süßwassernachfrage das existierende Angebot um bis zu 40 % übersteigen – Konflikte um sauberes Wasser werden nicht die Ausnahme, sondern der Regelfall sein [siehe und hie].

Meeresspiegelanstieg, Wasserraub und Sandschwund

Ironischerweise treten durch das Zuviel des Nasses aufgrund des Abschmelzens der planetaren Eisreserven parallel die Meere über die Ufer. Weltweit nahm ihr Pegel im Zeitraum von 1901 bis 2010 um circa 19 cm (±2 cm) zu; bis zum Jahre 2100 wird ein weiterer Anstieg von mindestens 50 cm bis 2 Meter erwartet. In 300 Jahren sogar um bis zu 5,1 Meter. Mit nur einem zusätzlichen Meeresmeter könnten 150.000 km² fruchtbaren Landes den Fluten zum Opfer fallen – und damit einhergehend Heimat und Lebensraum von rund 180.000.000 [180 Millionen] Menschen, künftigen Klimaflüchtlingen [siehe].

Hierzu trägt das zusätzliche Schmelzwasser der Gletscher indes nicht unbedingt bei, da durch Übernutzung Bäche und Flüsse versiegen; bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts wird angenommen, dass nur noch eine Handvoll der großen Ströme des Planeten überhaupt bis zu ihren Deltas Wasser führen werden. Fast 800.000 Staudämme, hunderte künstliche Kanäle – wie etwa in China, wo mehrere weit über 1.000 Kilometer lange Wasserstraßen für Baukosten von 500.000.000.000 [500 Milliarden] US-Dollar Flüsse durch das gesamte Land umleiten – und regelrechte Plünderungen durch die Landwirtschaft, vor allem durch Viehzucht, drehen den Flüssen wortwörtlich den Hahn zu [siehe].

So schwinden nicht nur artenreiche Deltas, sondern auch Strände. Alle Sandstrände dieses Planeten befinden sich auf dem Rückzug; sie werden Prognosen zufolge mittelfristig Geschichte sein. Adieu, Archipele und Traumstrände. Hervorgerufen wird dies einerseits durch den Mangel frischen Nahschubsandes aus den vertrocknenden Flüssen, primär indes durch den massiven Raubbau des Menschen an den natürlichen Sandvorräten unserer Gewässer und Meere. Nur Fluss- und Meeresssand ist aufgrund seiner rauen Oberfläche für den Einsatz in Beton geeignet – weswegen jährlich geschätzt 15.000.000.000 [15 Milliarden] Tonnen Sand aus Flüssen, Stränden und Deltas entnommen und in Gebäuden und Infrastruktur verbaut werden. Sand ist nach Wasser die am zweithäufigsten verbrauchte Ressource unserer modernen Zivilisation. Weit vor Kohle, Eisen, Öl, Holz und Konsorten. Mit der Folge, dass die natürlichen Schutzbarrieren des Festlandes samt einhergehender Ökosysteme langsam aber sicher unaufhaltsam im Sande verrinnen [siehe und hie].

Rohstoffknappheit, Massentierhaltung und Artensterben

Neben Sand neigen sich weitere Rohstoffe dem Ende entgegen: Öl, Erdgas, Helium, Zink, Gallium, Germanium, Arsen, Indium, Tellur, Kupfer, Uran, mittelfristig selbst Roheisen. Die terrestrischen Reserven dieser elementaren Bausteine unserer Moderne – sprich, alle momentan entdeckten Vorkommen – könnten nach heutigem Stand in wenigen Jahrzehnten aufgezehrt sein. Zum globalen Ölfördermaximum gesellt sich ein globales So-ziemlich-alles-Fördermaximum [siehe].

Ähnliches Schicksal droht der Insektenvielfalt dieses Planeten, Ernährungsgrundlage für die meisten größeren Lebewesen am Anfang der Nahrungskette – an deren Ende der Mensch steht. Verschiedenste Messstellen innerhalb Deutschlands verzeichneten zwischen 1989 und 2013 einen Insektenrückgang von 77 %, bei manchen Messstationen gar um rund 80 %. Hervorgerufen durch Bauwut, Überdüngung und massiven Einsatz von Herbiziden, Insektiziden und Fungiziden. 77 bis 80 % sind keine kleine Anomalie mehr, sondern ein ausgewachsenes Massensterben [siehe].

Und Insekten sind nur das i-Tüpfelchen dieser Tragödie: Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass die derzeitige Aussterberate von 3 bis 130 Tierarten pro Tag – richtig gelesen: pro Tag – um den Faktor 100 bis 1.000 über der natürlichen Aussterberate liegt. Unter den für immer verschwindenden Spezies befinden sich viele Kleinstlebewesen, welche auf den ersten Blick womöglich unscheinbar erscheinen, im Gesamten betrachtet jedoch die bereits erwähnte Grundlage für die meisten Größeren darstellen [siehe].

Stattdessen hält und verarbeitet der Mensch einige wenige Spezies als geringgeschätzte Produkte in Massentierhaltung. Zeitgleich werden auf unserem Planeten rund 1.500.000.000 [1,5 Milliarden] Rinder, 1.172.000.000 [1,172 Milliarden] Schafe, 969.000.000 [969 Millionen] Schweine und stattliche 20.000.000.000 [20 Milliarden] Hühner gemästet, wobei Letztere jährlich 1.400.000.000.000 [1,4 Billionen] Eier legen und in einer Größenordnung von 45.000.000.000 [45 Milliarden] Individuen pro Jahr geschlachtet werden. Lediglich 500.000.000 [500 Millionen] Hunde und 1.000.000.000 [1 Milliarde] Katzen schwelgen mehr oder minder im Genuss fürsorglicher menschlicher Gunst. Künstliche Massenmonotonie statt natürlicher Vielfalt, der Mensch entscheidet über Leben und Tod [siehe und hie und da und dort und da drüben und außerdem noch ditte und das da].

Plastikmüll, Umweltgifte und Ignoranz

Und setzt sein Eigenes aufs Spiel: “Plastikstrudel” (irreführender Begriff, da fälschlicherweise ein Bild einer dichten, auf dem Wasser treibenden Plastikschicht vermittelt wird) und Mikroplastik verunreinigen die Ozeane und dessen Lebewesen – und darüber hinaus im noch größeren Umfang die Landflächen unserer Heimat. Schelf- und Tiefseegewässer, Polarregionen, Felder, Wälder, Wüsten, Strände – Plastikpartikel wurden zwischenzeitlich allerorts in rauen Mengen nachgewiesen, sie verderben nicht nur Flur und Feld, sondern auch Tiere – und uns Menschen. Reichern sich mutmaßlich in unseren Körperzellen und damit auch im Gehirn an; die Forschung steht hier gerade erst am Anfang [siehe und hie].

Plastik ist nur ein Teil der globalen Umweltverschmutzung: Chemikalien, Schwermetalle, Öl, Dünger, Pestizide, Kohlendioxid, Stickoxide, Schwefeldioxid, Arzneimittel und Antibiotika, Benzole und radioaktive Stoffe. Wir führen diese Stoffe tagtäglich Luft, Böden und Ozeanen zu; ungeachtet aller offensichtlichen und mitunter seit Jahrzehnten bekannten Konsequenzen. Die Hypothese einer durch den Menschen verursachten globalen Erwärmung wurde etwa bereits 1896 aufgestellt (!), seit den 1950er Jahren wird international aktiv davor gewarnt. Doch es geschah wenig bis nichts, wurde oftmals gar noch schlimmer – nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern, sondern auch in Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften [siehe].

Gier, Drohkulisse und Hoffnungsschimmer

Am Ende all dieser Probleme steht in letzter Instanz ein einzelnes menschspezifisches Attribut: Gier. Unermessliche Gier. Gier nach Reichtum, Materiellem, Ruhm und Macht. Es ist die Gier, die Menschen dazu antreibt, ihre eigene Heimat und sich selbst bar jeglichen direkten Konsequenzen zu vernichten; munter am eigenen Aste zu sägen.

Daran wird sich meines Erachtens in absehbarer Zeit auch nichts ändern, entgegen allen Beteuerungen und Gelübden verantwortlicher Regierungen, Unternehmen, Personen und technisch wie finanziell utopischer Ausflüchte wie Asteroidenbergbau und Flucht zu anderen Gestirnen. Solange unser Blauer Planet im Hier und Jetzt für persönliche Belange geplündert und gebrandschatzt werden kann, wird er es auch. Frei nach dem Motto: lasset uns schwelgen in Saus und Braus – und nach uns die Sintflut. Jeder Einzelne von uns trägt aufgrund des Konsumverhaltens seinen Teil dazu bei, obgleich wir uns der Konsequenzen bewusst sind. Doch die Erde hat keinen Anwalt und lässt daher walten – augenscheinlich. Wir Menschen werden erst dazulernen, wenn wir am Abgrund stehen. Wenn die von uns verursachten Probleme einst so schwer wiegen, dass sie über uns alle mit voller Wucht hereinbrechen. Wenn es uns plötzlich wehtut.

Und es wird uns wehtun, nüchtern betrachtet, wir Menschen werden aufgrund unseres Handelns schreckliches Leid über uns selbst bringen. Denn wir raubbauen und verletzten ein universelles System, das mit sich nicht verhandeln lässt und auf dem physikalischen Grundgesetz von Ursache und Wirkung basiert: der Natur. Wir säen Destruktion – und werden Chaos ernten. Der Natur ist das im Endeffekt egal, sie hat alle Zeit der Welt zur Regeneration und sorgt lediglich für Ausgleich – Sanftes folgt auf Sanftem, Extremes auf Extremen.

Erst, wenn die Menschheit gebeutelt vor der Entscheidung steht, weiter zu wüten und damit als Zivilisation grandios zu scheitern – oder sich zu bessern und damit sich selbst auf eine neue Stufe der Entwicklung zu katapultieren, erst dann wird sich zeigen, ob wir bereit und willens sind, Lehren aus unserem vergangenen Handeln zu ziehen. Jede Zivilisation der Vergangenheit stand irgendwann einmal vor einer solchen oder ähnlichen Schicksalsstunde, einem evolutionären Flaschenhals – und fast alle sind Geschichte. Es wird sich zeigen, ob wir gemeinsam die Gier ablegen und Bescheidenheit sowie Demut vor unserem eigenen Planeten, vor der Natur und damit auch vor uns selbst, lernen wollen. Denn wir konnten und könnten jederzeit, doch wollen bislang nicht. Zu groß waren und sind die süßen Früchte der kurzsichtigen Versuchung.

Zu groß ist die Gier.

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