Farbe – ein anderes Wort für Temperatur
Beinahe alles, was wir heute über das Universum wissen, haben wir aus dem Licht gelernt, das Himmelsobjekte -zum Teil vor langer Zeit – ausgesandt haben. Durch Aufzeichnen und Analysieren des Lichtes erfahren Astronomen etwas über die Distanz, Bewegung, Temperatur, Dichte und chemische Zusammensetzung der Himmelsobjekte.
Astronomische Objekte können sich nicht nur in ihrer Helligkeit, sondern auch in ihrer Farbe unterscheiden. Eine genauere Betrachtung der hellsten Sterne im Orion, zeigt uns Sterne unterschiedlicher Farbe. Auch in der Farbfotografie vom Sternbild Orion sind die Farben der von Auge sichtbaren Sterne erkennbar. Wegen ihrer langen Belichtungszeit von 60 Minuten, zeigt die Fotografie auch den Orionnebel, die Gegend des Pferdekopfnebels, den Reflexionsnebel M78, Barnards Loop, sowie den Lambda Orionis Ring.
Sternbild Orion mit Orionnebel, Gegend des Pferdekopfnebels
Farben sind nicht nur schön, sie können uns auch etwas über die Natur der Objekte sagen. Mit Hilfe der Physik können wir die Farbe eines Objektes interpretieren. Dazu wird die Farbe mit der Wellenlänge quantifiziert: blaues Licht hat zum Beispiel eine Wellenlänge von 400 Nanometern, rotes Licht eine Wellenlänge von 700 Nanometern (1 Nanometer = 10^-9 Meter = 1 Millionstel Millimeter). Die Physik zeigt, dass es eine Beziehung zwischen der Wellenlänge und der Energie des Lichtes gibt, blaues Licht hat mehr Energie als rotes Licht. Eine Beziehung zwischen Wellenlänge und Energie bedeutet, dass gewisse physikalische Bedingungen herrschen müssen, damit ein Objekt Licht einer gewissen Wellenlänge aussendet. Der Zusammenhang zwischen Wellenlänge und Energie gilt nicht nur für von Auge sichtbares Licht (visuelles Licht), sondern für elektromagnetische Wellen beliebiger Wellenlänge. Je nach Wellenlänge spricht man dabei von Gamma-Strahlung (hohe Energie, kurze Wellenlänge), Röntgen-Licht, ultraviolettem Licht, visuellem Licht, infrarotem Licht und Radio-Wellen (niedrige Energie, lange Wellenlänge).
Astronomische Objekte leuchten häufig aufgrund ihrer Temperatur. In solchen Fällen kann das Wiensche Verschiebungsgesetz angewendet werden. Dieses Gesetz gibt an, bei welcher Wellenlänge ein Objekt am Hellsten leuchtet: Wellenlänge in Nanometern = 3’000’000 / Temperatur in Kelvin (Kelvin = Temperatur in °Celsius + 273.15°C). Ein Stück Holzkohle von ein paar hundert Grad leuchtet somit vor allem im fernen Infraroten (Wärmestrahlung). Die Sonne mit ihrer Oberflächentemperatur von etwa 5700 Kelvin leuchtet besonders stark im Gelben (530 Nanometer). Der rote Riesenstern Betelgeuze mit einer Temperatur von 3000 Kelvin leuchtet am hellsten im Infraroten (1000 Nanometer). Wenn man sich beim Beobachten von dieser Wellenlänge in den visuellen oder Radio-Bereich entfernt, wird das Objekt sehr schnell dunkler. Somit leuchten Objekte mit einer bestimmten Temperatur nur in einem engen Wellenlängenbereich stark. In der folgenden Tabelle ist aufgelistet in welchem Wellenlängenbereich ein Objekt mit einer bestimmten Temperatur hauptsächlich leuchtet.
Temperatur des Objektes | Objekt produziert hauptsächlich |
---|---|
> 100 Mio Kelvin | Gamma-Strahlung |
1 Million – 100 Millionen Kelvin | Röntgen-Licht |
10000 – 1 Million Kelvin | Ultraviolett-Licht |
1000 – 10000 Kelvin | Visuelles Licht |
10 – 1000 Kelvin | Infrarotes Licht |
< 10 Kelvin | Radio-Wellen |
Viele Himmelsobjekte haben gleichzeitig heisse und kühle Gebiete. Es kommen also mehrere, zum Teil sehr unterschiedliche Temperaturen vor. Solche Objekte leuchten in mehreren Wellenlängenbereichen. Ein bekanntes Beispiel ist die Sonne, mit ihrer relativ kühlen Photosphäre von 5700 Kelvin und der mehrere Millionen Kelvin heissen Korona. Durch die verschiedenen Temperaturen welche auf der Sonne herrschen, leuchtet die Sonne in fast allen oben erwähnten Wellenlängenbereichen. Wichtig ist, dass man beim Beobachten solcher Objekte durch die Wahl des Wellenlängenbereichs Gebiete mit einer bestimmten Temperatur herausgreifen kann. Die folgende Tabelle gibt für eine Reihe von Gebieten an, in welchem Wellenlängenbereich sie besonders stark leuchten.
Objekte | Wellenlängenbereich |
---|---|
>Akkretionsscheiben um schwarze Löcher | Gamma-Strahlung |
Korona von Sternen | Röntgen-Licht |
Photosphäre junge Sterne | Ultraviolett-Licht |
Emissionsnebel um junge Sterne | Visuelles Licht |
Warme Staubscheiben um junge Sterne | Infrarotes Licht |
Kühle interstellare Molekülwolken | Radio-Wellen |
Orion in einem anderen Licht
Sternentstehung läuft nur in sehr kühlen (< 10 K) und materiereichen Gebieten des interstellaren Raums ab. Solche Gebiete leuchten besonders hell im Radio-Bereich. Mit Radiobeobachtungen kann man somit ganz gezielt nach kühler interstellarer Materie suchen. Orion ist ein Sternbild mit welchem dies sehr schön demonstriert werden kann: In der Falschfarbendarstellung einer Radiobeobachtung des Sternbildes Orion, wird direkt die Verteilung der Materie abgebildet. Gegenden hoher Materiedichte (rot) sind M78, der Pferdekopfnebel, der Orionnebel, Mon R2 und der Lambda Orionis Ring. Solch dichte und kühle Regionen sind regelrechte Brutstätten für Sterne. In der Tat detektiert man in Ultraviolett-Beobachtungen des Orionnebels unzählige heisse und somit junge Sterne. In Röntgen-Beobachtungen sieht man die Koronae schnell rotierender und somit sehr wahrscheinlich junger Sterne. Im Infraroten hinterlassen warme protoplanetare Staubscheiben ihre Spuren. Protoplanetare Staubscheiben deuten meisst auch auf sehr junge Sterne hin.
Die Wahl der Wellenlänge bei der wir beobachten, erlaubt es uns gezielt Teilaspekte von astrophysikalischen Prozessen zu studieren. Junge Sterne, ihre protoplanetaren Staubscheiben, sowie die interstellare Umgebung dieser Sterne, sind alle Teil des Prozesses “Sternentstehung”. Dies macht deutlich, dass meistens Beobachtungen in ganz unterschiedlichen Wellenlängenbereichen notwendig sind, um ein vollständiges Bild eines astrophysikalischen Prozesses zu erhalten.
Radiobeobachtung des Sternbilds Orion
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