Die letzte Spur der Menschheit: Interstellare Fußabdrücke

Die letzte Spur der Menschheit: Interstellare Fußabdrücke

Wir befinden uns einige Millionen Jahre in der Zukunft mitten in den unendlichen Weiten des tiefen, stockfinsteren, sternenübersäten interstellaren Raums. Es herrscht atemlose Stille – keine Geräusche, keine Erschütterungen, kein Wind, keine Lichteinstrahlung; einfach gar nichts. Doch da erscheint weit in der Ferne plötzlich ein winziger Punkt, rast heran, kommt ganz nahe, entpuppt sich als ein silberglänzender runder Körper, saust im Nu vorbei und ist mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 44.000 km/h wieder in den Tiefen des Alls verschwunden. Es war Pioneer 10, eine Hinterlassenschaft der Menschheit.

Zu diesem Zeitpunkt existiert die Menschheit schon lange nicht mehr, zumindest nicht auf der Erde. Wie wir wissen, folgen unsere Sonne und alle Gestirne ihrer gesetzmäßigen Bestimmunng der Bewegung im Kreislauf von Werden und Vergehen. Unsere Sonne ist älter geworden, aufgebläht, schwächer im Schein, sie folgt dem Sternenschicksal eines “Roten Riesen“, so der Name der Sonne im kommenden Endstadium.

Odyssee im Weltraum

Es war im Jahre 1973, da hob an der Spitze einer riesigen Atlantis-Centaur-Rakete die kleine amerikanische Raumsonde “Pioneer 10” von der Startrampe in den tiefblauen Himmel Kap Canaverals ab. Das Ziel, das man ihr auftrug, war die Unendlichkeit des Universums. Unbemannt, mit einer Drei-Meter-Richtantenne versehen, schickte man sie auf eine Fahrt unbegrenzter Flugdauer, auf eine Odyssee, die alle Vorstellungskraft übersteigt. Bereits nach achtzehn Monaten besuchte sie Jupiter, den größten unserer acht Planeten, um dann hinausgesandt zu werden in die dunkelsten Tiefen des Alls. Niemand wusste, wie lange sie den irdischen Funksignalen antworten würde, wie es den Instrumenten im luftleeren, extrem kalten Raum (minus 270 Grad) ergehen würde. Man gab ihr sechs, längstens acht Jahre Lebenszeit. Aber sie hielt viel länger durch, am 22. Januar 2003, erst nach 30 Jahren, verstummte ihr Funksignal; der Kontakt zur Erde riss für immer ab.

Voyager – another Star Trek

Nicht so bei den Schwestersonden “Pioneer 11“, “Voyager 1” und “Voyager 2“, die ein Jahr beziehungsweise fünf Jahre später starteten.

Alle diese Raumsonden sind die einzigen Kundschafter, die bis heute ins All geschickt wurden, um den Rand des Sonnensystems zu erkunden und in die Unendlichkeit zu fliegen. Aus einer Entfernung von mittlerweile 17,5 Milliarden Kilometern funken die Voyagersonden noch heute Tag für Tag ihre Signale vom Rande unseres Sonnensystems – und das seit 31 Jahren! Jedes Signal benötigt derzeit, um die Erde zu erreichen, ganze 16 Stunden, es wird mit 1.093.750.000 km/h übertragen, also über einer Milliarde Kilometern pro Stunde! Ein Deep-Space-Net-Teleskop der NASA verfolgt ohne Unterlass den Weg dieser Stecknadeln im Ozean des Alls. Man hofft, dass der Kontakt noch mindestens bis ins Jahr 2020 aufrechterhalten werden kann, eher noch 2025. Die Geschwindigkeit, mit der eine Sonde sich von ihren Heimatplaneten entfernt – 68.500 km/h – ist so hoch, dass sie für die Strecke Stuttgart-München nur drei Sekunden benötigen würde.

The Signal

Voyager 1 wie auch Voyager 2 tragen eine der beiden goldenen Schallplatten – “Voyager Golden Record” – mit sich. Darauf sind Grußbotschaften der Menschheit in verschiedenen Sprachen gespeichert, Naturgeräusche von dem Planeten Erde, Musik und Bildmaterial. Der komplette Inhalt der “Golden Record” lässt sich hier angucken und -hören.

Im Jahr 1983 verabschiedete sich die Sonde “Pioneer 10” aus unserem Sonnensystem. Erst in 120.000 Jahren wird sie am nächsten Stern vorbeiziehen und sich dann die nächsten Millionen Jahre ziellos in den großen galaktischen Nebel dahinter stürzen. Wie ihr ergeht es “Pioneer 11” und den beiden Voyagersonden. Da sie im absoluten Vakuum unterwegs sind, werden sie alles auf der Erde von Menschenhand Geschaffene um Äonen von Zeitaltern überleben, vielleicht sogar KronosNet. Selbst das Ende unserer Sonne wird ihnen nichts mehr antun können.

Lost in Space

Wer meint, die Sonden kämen doch irgendwann in den Anziehungsbereich einer anderen Sonne, dem sei gesagt: Schicke eine Stecknadel in New York auf Reise und berechne die Wahrscheinlichkeit, mit der diese einen von drei Dutzend Tennisbällen (also Sonnen), die über ganz Nordamerika verstreut sind, per Zufall treffen könnte. Dann verstehst du die Maßstäbe in unserer Galaxie … Ob wohl in Millionen Jahren jemals eine extraterrestrische Zivilisation von der ehemaligen Existenz der Menschheit erfahren wird?

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